Innenraum

Der Kirchenraum von St. Moritz zerfällt in zwei Hältfen: den aus dem Anfang des 14. Jh. stammenden Chorraum mit den vier östlichen Pfeilerpaaren und den im 15. Jh. hinzugefügten Westteil des Langhauses mit der Turmfassade. Die einzelnen Bauabschnitte kann der aufmerksame Betrachter gut ablesen.
Sofort fällt auf, dass zwischen dem vierten Pfeilerpaar von Osten ein Bogen quer über das Mittelschiff verläuft, in den Seitenschiffen fehlt dieser. Auch ein Abhängling - also ein hängender Schlussstein - dient zur Hervorhebung der übergangsstelle. Außerdem sind die Pfeiler östlich dieses Mittelschiffbogens mit so genannten Diensten ausgestattet, d. h. den Stützen wurden auf den vier Seiten dicke Rundstäbe aufgelegt, die im unteren Teil abrupt abbrechen. Auch im Chorraum zwischen den Fenstern sind diese Dienste zu finden, die als Architekturglieder dazu „dienen“, eine Verbindung zwischen dem Gewölbe und den Stützen herzustellen, um somit die Ableitung der Gewölberippen bis zum Boden zu suggerieren. Allerdings gelang diese Verbindung zwischen Gewölbe und Pfeiler im Mittelschiff der Moritzkirche nicht mehr, das spätgotische Netzgewölbe ist nicht mit den Diensten verbunden, es scheint über dem Unterbau zu schweben.

Das ältere Sterngewölbe der östlichen Seitenschiffjoche dagegen zeigt die Synthese zwischen Gewölbe und Diensten.
Die Rippen sammeln sich an einem Punkt über den Konsolen der Rundstäbe, vereinigen sich dort und laufen bis zum Boden.
Sieht man sich nun nach weiteren Hinweisen der Bauentwicklung um, fällt noch auf, dass die östlichen Seitenschiffjoche schlichter gewölbt sind, hier sieht man nur einfache Sterngewölbe. Dies deutet auf eine zeitlich frühere Stufe der Gotik hin, während die Netzgewölbe des Mittelschiffes und der westlichen Seitenschiffjoche in den Anfang des 16. Jh. gehören. Nur wusste man zu dieser Zeit eben nichts mehr anzufangen mit den um 1400 angelegten Diensten, folglich ließ man diese bei den westlichen Stützen ganz weg, die Rippen verschwinden direkt im Pfeilerkern. Der Westteil des Langhauses wirkt insgesamt etwas anders, ruhiger als der zeitlich frühere östliche Abschnitt. Er zeigt einfachere Formen, die Pfeiler wurden schlicht achteckig gestaltet, während die östlichen Stützen mehrfach gekehlt sind, es fehlen Dienste und Konsolen. Trotzdem wirkt das Innere der Moritzkirche sehr einheitlich, die ausgewogenen Raumproportionen, also das Verhältnis der einzelnen Bauabmessungen zueinander, lassen ein angenehmes Raumgefühl entstehen. Doch fühlt sich der Besucher eher wie in einer Basilika - eine Bauform, bei der die Seitenschiffe niedriger sind als das Mittelschiff - als in einer Hallenkirche. Denkt man z. B. an die obersächsischen Hallen wie St. Annen in Schneeberg, Pirna oder den Dom zu Freiberg, die ab 1500 entstanden, so erreicht St. Moritz wegen seines Grundrisses bei weitem nicht deren Durchsichtigkeit und Weiträumigkeit. Einer der Gründe hierfür sind die Ausmaße des Hauptschiffes, das doppelt so breit wie die Joche der Nebenschiffe. Der Hauptgrund aber ist die enge Stützenstellung, die vom Mittelschiff aus die Pfeiler wie eine Wand erscheinen lassen, die schiffstrennende, abgrenzende Funktion der Stützen steht hier also im Vordergrund.

Der Baumeister Conrad von Einbeck griff bei seiner Grundrissdisposition auf das Vorbild Prager Kirchenbauten zurück, an denen die dortige Dombauhütte tätig war. Zu nennen wären hier die Teynkirche (1339-1402) und die Benediktinerstiftskirche Emmaus (1347-1372). Dass diese beiden Kirchen im Aufriss als Basilika gestaltet sind, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Kunst Conrad von Einbeck. Herkommend von der Prager Dombauhütte steht er als Architekt noch in der Tradition der basilikalen Bauweise, die moderne Bauform der Halle kommt noch nicht in ihrer reinen Form zum Ausdruck.

Die historische Sauerorgel